+49 (0) 179 5446065 mail@jan-langmaack.com

Die Flensburger Förde ist aufgrund ihrer Lage ein sehr sensibles Gebiet der Ostsee. Sie hat nur zwei Verbindungen zum kleinen Belt. Eine der Verbindungen ist in Sonderburg über den Alsensund mit gerade einmal 40m Breite. Die zweite Verbindung besteht in den Ausläufern der Geltinger Bucht. Die beiden Verbindungen liegen am östlichen Ende der Flensburger Förde, die sich noch über 20km nach Westen ausstreckt. Eine markante Stelle der Flensburger Förde ist die Holnishalbinsel, die eine komplette Wasserdurchmischung anhand von Dünungen durch Winde stark beeinträchtigt und sogar verhindern kann.

Durch diese geographische Gegebenheit reagiert die Flensburger Förde sehr anfällig auf Veränderungen bei Nährstoffeinträgen oder Einwirkungen durch den Menschen auf anderem Wege. Diese Veränderungen wirken sich sehr stark auf den Sauerstoffspiegel in den Tiefenregionen aus und somit auf die Artenanzahl und die Individuenzahl.

In den letzten Jahren haben sich auch deutliche Veränderungen an den Miesmuschelbänken erkennen lassen. Ihr Vorkommen in den Regionen, die nicht strömungsexponiert sind, hat sich in den letzten Jahren von einer maximalen Tiefe von 13 Metern auf fünf bis sechs Metern verringert. Dieses ist unter anderem auf einen starken Rückgang des Sauerstoffgehaltes in den tieferen Regionen der Ostsee zurückzuführen. Gerade in den Sommermonaten sind in den Tiefen unterhalb von 15 Metern sehr geringe Sauerstoffwerte zu messen. Dazu kommt die kommerzielle Miesmuschelfischerei, die regelrechte Furchten in den Meeresboden und die Miesmuschelbänke zieht. Eine Regeneration der Miesmuschelbänke erfolgt kaum, da der weiche Boden ein schnelles Neuansiedeln schlichtweg verhindert.

Die Miesmuschelbänke haben in den letzten Jahren ihren Bestand um über die Hälfte verloren und trotzdem werden sie weiterhin abgefischt. Dieses ist sehr beunruhigend, denn die Miesmuscheln filtern und reinigen den Großteil des gesamten Ostseewassers in wenigen Wochen. Auch die Fangtechniken sind mit Skepsis zu betrachten, da hierbei der Boden und die im Boden lebenden Organismen und deren Lebensräume stark geschädigt werden, wenn die Miesmuscheln mit maschineller Hilfe vom Boden abgerissen werden. Sämtliche Organismen, die zwischen den Miesmuscheln leben, überleben häufig die Fangprozedur nicht oder sie werden beim Herausheben der vollen Netze einfach zerdrückt.

In den 50ner und 60ner Jahren wurde in der Flensburger Förde verstärkt die Steinfischerei betrieben. Hierbei wurden sämtlich Hartsubstrate zum Bau von Hafenmolen und ähnlichem aus der Flensburger Förde gefischt. Den Korallentieren, die in der Flensburger Förde vorkommen, fehlen Hartsubstrate und die, die noch vorhanden sind oder „künstlich“ dazu gekommen sind wie z.B. Wracks, reichen bei Weitem nicht aus, um eine Individuenanzahl wie vor den 50 Jahren wiederherzustellen.

Eine eigenständige Untersuchung im Jahr 2007 in einem der westlichen Gebiete der Flensburger Förde hat ergeben, dass angelegte Hartsubstratfelder dazu geführt haben, dass sich ein Großteil unterschiedlichster Lebensformen angesiedelt hat. Eine durchdachte Positionierung neuer Hartsubstratfelder würde zu einer deutlichen Individuenanzahl an Korallentieren führen.

Die Flensburger Förde bietet aber auch Weichtieren einen großen Lebensraum. Erwähnenswert hierbei ist, dass in der Flensburger Förde eine besondere Art der Nudibranchia / Hinterkiemer angetroffen wurden. Diese Schneckenart gehört zu den marinen Nacktschnecken und wird den Fadenschnecken (Aeolidina) zugeordnet. Es handelt sich hierbei um das sehr seltene und nur in wenigen Gebieten der Welt vorkommende Brackwasser Fadenschnecke / Tenellia adspersa.

Es wurden aber noch über fünf weitere Nacktschneckenarten von mir in der Flensburger Förde entdeckt.

Spektakulär ist auch die Sichtung der Kugelschnecke / Akera bullata, die einzige schwimmende Gehäuseschnecke der Welt. Auch Kalmare werden in den Wintermonaten vereinzelnd in der Flensburger Förde gesichtet.

Dies sind nur ein paar der zahlreichen anzutreffenden Arten in der Flensburger Förde. Mir ist es alleine in zahlreichen Tauchgängen gelungen zahlreiche verschiedene Arten in der Flensburger Förde anzutreffen. Dieses ist besonders erwähnenswert, da die Ostsee durch ihre genannte Artenarmut hier eine hohe Artenanzahl aufweist.

Schon die kleinsten Eingriffe des Menschen können den stark beeinträchtigen Lebensraum weiter einschränken. Die Tiefenregionen weisen zunehmend einen geringeren Sauerstoffgehalt auf und daraufhin wird in den Küstenregionen stark gefischt, wo der Jungfisch gleich mit gefischt wird. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass das Nahrungsangebot in den Tiefenregionen für die Fische nicht mehr ausreicht und sie in die küstennahen Gebiete abwandern. Die Miesmuschelfischerei und ihre Folgen für die Filtrierung und Säuberung des Wassers der Förde habe ich weiter oben schon genannt. Aber auch Verklappungen führen zu einer starken Beeinträchtigung und Zerstörung von marinem Leben. Nicht nur Schwämme oder andere sessile Lebensformen werden von den Sedimentwolken bedeckt und sterben ab, sondern auch die vielen Würmer, die im Weichboden leben, werden von der Masse an Einträgen kurzerhand verschüttet und gehen zu Grunde.


Zonierung der Flensburger Förde

Die Zonierung beschreibt den typischen Aufbau der Unterwasserwelt. Dieses möchte ich am Beispiel der Flensburger Förde noch einmal erläutern.

Hierzu wird mit der Wasserlinie begonnen, wo der Psammal (Sandboden) bis in eine Wassertiefe von circa ein bis zwei Meter erreicht. Anschließend wird dieser von der Zosterawiese (Seegraswiese) bis in eine Wassertiefe von fünf bis sechs Meter abgelöst. An die Seegraswiese schließt die Mytilusbank (Miesmuschelbank) an, die in eine Tiefe von bis zu 15 Meter reichen kann und an den Pelos (Weichboden) grenzt. Die einzelnen Bereiche werden von unterschiedlichen abiotischen Faktoren (physikalische und chemische Faktoren der unbelebten Umwelt) beeinflusst und so kann es vorkommen, dass Teilbereiche nicht vertreten sind.

Der Psammal wird durch die Wasserbewegung stark in seiner Ausdehnung beschränkt. Gleichzeitig ist die Wasserbewegung auch der Faktor, der die Ausbreitung der Zosterawiese im Flachwasser bestimmt, durch die Kräfte, die das Wasser auf die marinen Blütenpflanzen und ihre Bodenverankerung ausübt. Die Ausbreitung in die Tiefe wird vom Licht und der photosynthetischen Leistungskapazität des Seegrases bestimmt. Die Mytilusbank benötigt kein Hartsubstrat, um sich ansiedeln zu können, da sich die einzelnen Miesmuscheln gegenseitig mit ihren Byssusfäden als Substrat nutzen. Somit wird die Ausbreitung ins Flachwasser nur durch z.B. die Fressfeinde wie Vögel begrenzt und in der Tiefe durch den Sauerstoffanteil im Wasser und die Wasserströmungen, die den Detritus (organische Zerfallprodukte, die auf den Meeresboden sinken) von den Miesmuscheln und ihren Siphonen spülen und filtrierbare Nahrung zu den Miesmuscheln bringen. Die Ausdehnung des Miesmuschelbänke in die Tiefe bildet somit einen wichtigen Indikator für den Sauerstoffgehalt des Wassers an nicht strömungexponierten Gebieten. Der Weichboden bildet für die restliche Tiefe den Lebensraum.

Wird dieser Aufbau in nur einem Bereich langfristig verändert zerfällt das Ökosystem in seiner Komplexität. Das kann zur Folge haben, dass die Seegraswiese, die die Kinderstube der Jungtiere darstellt, nicht mehr genügend Schutz für diese bietet, oder das aufgrund der schwindenden Miesmuschelbänke adulte Tiere zu wenig Nahrung finden und andere Gebiete aufsuchen, um sich dort zu vermehren. Eine chronische Sauerstoffunterversorung in den Tiefenbereichen kann dafür schon ausreichend sein. Durch den Zerfall der Miesmuschelbank wird den juvenilen und auch adulten Tieren ein Großteil ihrer Nahrungsgrundlage genommen. Dieses hat dann auch Auswirkungen auf den Schweinswal, unseren einzigen heimischen Wal, dessen Nahrungsgrundlage damit ebenfalls wegbricht.

Leben in der Miesmuschelbank Schuppenrücken Jan Langmaack

Leben in der Miesmuschelbank, Beispiel Schuppenrücken

Nacktschnecken und Gehäuseschnecken in der Flensburger Förde Jan Langmaack

Nacktschnecken und Gehäuseschnecken in der Flensburger Förde

Schweinswale in der Flensburger Förde Jan Langmaack

Schweinswale in der Flensburger Förde

tote Zonen Sauerstoffmangel

tote Zonen aufgrund von Sauerstoffmangel

bewachsene Steinriffe

bewachsene Steinriffe