Blau-grünes Licht erhellt auf einmal das erdrückende Dunkel mitten auf dem Meer. Der Bug des Schiffes lässt dieses Licht wellenartig zur Seite schwappen. Immer wieder blitzt es und erhellt das Meer und die Umgebung. Diese Geschichten hat sicherlich schon jeder einmal gehört. Doch was genau ist eigentlich dieses mysteriöse Meeresleuchten? Wie entsteht es und welchen Nutzen verfolgt es? Auch bei uns an der Ostsee kann dieses einzigartige Schauspiel der Meere erlebt werden und uns in seinen Bann ziehen.
Meeresleuchten lässt sich mit einem einzigen Wort beschreiben: Biolumineszenz.
Doch was genau verbirgt sich dahinter? Dinoflagellate, sogenannte einzelliger Algen sind hierfür verantwortlich. Noctiluca scintillans und pyrocystis noctiluca sind diese Dinoflagellate, die in der Lage sind eigenständig sogenanntes kaltes biogenes Licht zu erzeugen. Mit nur 0,2-2 Millimeter Größe besitzen diese Algen einen Panzer, der größtenteils aus Zellulose besteht. Die Tatsache, dass sie keine Kieselsäure für ihren Panzeraufbau verwenden ist dafür verantwortlich, dass sie nicht den Kieselalgen (Diatomeen) zugeordnet werden.
Eigenständig Licht zu erzeugen ist in der Natur kein Einzelfall. Glühwürmchen sind genauso dazu in der Lage wie bestimmte Pilzarten. Eine chemische Reaktion, die aber in ihrem Ergebnis ebenso atemberaubend ist, wie eine Knallgasprobe, wird durch das Spalten von Luziferin durch Luziferase hervorgerufen. Luziferin ist die lichtproduzierende Substanz, während Luziferase als Katalysator die Reaktion startet. Als Endprodukt entsteht Licht. Bemerkenswert dabei ist, dass fast 100% der freigegebenen Reaktionsenergie in Licht umgewandelt werden. Das Aussenden des blau-grünem Lichts setzt nur wenig Wärme frei, was den Begriff kaltes biogenes Licht erklärt. Ein Vergleich zu unseren Halogenglühlampen zu Hause zeigt die Effektivität dieser natürlichen Lichterzeugung. Die Glühlampen können nur einen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Energie in Licht umwandeln. Der viel größere Teil wird als Wärme abgegeben. Die Erklärung, wie das Leuchten entsteht ist somit schon einmal beantwortet.
Viel schwieriger ist aber die Erklärung für das Warum. Warum erzeugen diese Organismen überhaupt Licht, zumal dieses das Verbrauchen von Energie zur Folge hat? Bei Glühwürmchen konnte herausgefunden werden, dass das Leuchten zum Anlocken der Partner benutzt wird. Beim Pilz Neonothopanus gardneri wird die Lumineszenz zum Anlocken von Insekten benutzt. Die Insekten krabbeln zwischen die Lamellen der Pilze und nehmen Sporen auf, die sie an andere Stelle wieder abgeben. Somit kann der Pilz sich über größere Gebiete vermehren. Aber wie sieht es bei den phytoplanktonischen Algen aus?
Im Meer reicht häufig schon ein mechanischer Druck aus, um die Dinoflagellate zum Leuchten zu bringen. Das Durchziehen des Wassers mit der Hand oder auch die Wellen starten dabei schon häufig diese Reaktion. Das Durchschneiden des Wassers eines Bootes ist ebenfalls ausreichend. Diese Bewegungsreize führen zu Lichtsignalen in unterschiedlicher Stärke und Länge.
Es gibt hierzu bisweilen nur Hypothesen, die eine Erklärung liefern sollen. Der Nutzung für den Beutefang könnte eine dieser Hypothesen sein. Nicht alle Dinoflagellate leben autotroph und sind deswegen auf zusätzliche Nahrung angewiesen. Diese besteht meist aus Plankton, Larven sowie Eier von Ruderfußkrebsen oder auch Detritus. Auch als Kommunikationsform oder zur Verwirrung könnte das Leuchten verwendet werden. Die Tatsache, dass einige der Dinoflagellate früher mit Muscheln in Symbiose gelebt haben und durch das Leuchten ihren Teil zur der symbolischen Beziehung beigetragen haben, wäre auch eine Erklärung.
So faszinierend dieses Erlebnis des Meeresleuchten auch ist, eine 100% klare wissenschaftliche Erklärung für den Sinn und Nutzen bleibt noch offen.
Meeresleuchten in der Ostsee
Nicht nur in tropischen Meeren kann dieses Naturschauspiel wahrgenommen werden. Gerade in den Herbstmonaten mit den ersten richtigen Stürmen kann zahlreiches des leuchtenden Phytoplanktons in die Ostsee und in die Förden gelangen. Wer also zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und einfach mit seiner Hand durch das Wasser streicht und den dunklen Stunden, kann dieses Phänomen erleben. Viel faszinierender ist das Schauspiel allerdings unter Wasser. In völliger Dunkelheit durch das Bewegen seiner Hände erscheint plötzlich die Welt um einen herum in einem ganz neuen Licht. Plötzlich lässt sich der Boden wieder erkennen. Durch die Intensität der Bewegungen lässt sich das Umgebungslicht sogar beeinflussen. Worte sind hierbei nicht in der Lage dieses gebührend zu beschreiben.
Wer selber sich auf die Suche machen möchte sollte Folgendes bedenken. Viele küstennahe Orte strahlen unzähliges Licht ab und es gibt nur wenige Orte, die nicht unter dieser starken Lichtverschmutzung leiden. Natürlich kann auch in Stadtnähe zur richtigen Zeit Meeresleuchten beobachtet werden, aber je dunkler die Umgebung ist, desto deutlicher fällt das Ergebnis aus.