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Für viele ist die Ostsee einfach nur das Meer an der Küste Deutschlands im Osten. Dabei ist dieser Lebensraum so einzigartig, dass es keinen vergleichbaren auf dieser Welt gibt. Um dieses ein wenig zu erklären habe ich kurz und knapp die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Die Ostsee:
Neun Anrainerstaaten bilden die Küstenländer der Ostsee. Sie trennt die skandinavischen Länder vom europäischem Festland. Ihre maximale Breite beträgt nur 300km und ihre durchschnittliche Tiefe von 52m weist darauf hin, dass sie ein sehr flaches Meer ist, obwohl die tiefste Stelle, das Landsorttief über 450m aufweist. Ihr Volumen von etwas mehr als 20000 Kubikkilometern entspricht das der Hälfte der Nordsee. Die Fläche der Ostsee ist mit über 410000 Quadratkilometern etwas größer als Deutschland und Dänemark zusammen und nimmt damit nur einen flächenmäßigen Anteil von 0,1% der Weltmeere ein. Über das Kattegat hat die Ostsee die einzige Verbindung zu den salzhaltigeren Meeren, in diesem Fall der Nordsee als Randmeer des Atlantiks. Der zwischen 1887 und 1895 erbaute Nord-Ostsee-Kanal wird hierbei nichts berücksichtigt.
Charakteristisch sind die tief ins Land reichenden Meereseinschnitte, die Förden. Weite und flache Buchten, die Bodden runden das Bild der Ostsee ab. Die Küstenlinie der Ostsee in Deutschland, die den Übergang zwischen Land und Wasser darstellt, ist etwa 2200km lang. Sandstrände und auch Steilküsten lassen sich neben den Städten und Häfen hier finden. An der Landschaft erkennt man die ständige währende Entwicklung der Ostsee. Während an einer Stelle Land durch Wellen und Dünung abgetragen wird, wird er an andere Stelle angespült und schafft neues Land.
Die Ostsee, ein Brackwassermeer ohne Gezeiten, weist eine ausgesprochene Artenarmut auf. In ihr sind weniger Arten als in vergleichbaren limnischen oder marinen Ökosystemen anzutreffen.
Als Kind der Eiszeit lässt sich die Ostsee beschreiben, deren Entstehung nur wenige tausende Jahre zurückreicht. Die Vorstöße der Gletscher aus Skandinavien formten das abwechslungsreiche Bodenrelief. Damit ist das jüngste Meer der Welt und es konnten sich evolutionär noch keine wirklichen endemischen Arten in der Ostsee entwickeln. Endemische Arten sind Arten, die ausschließlich in einem speziellen Gebiet vorkommen. Nach neusten Forschungen soll es einen ganz bestimmten Wurm geben, der sich im Brackwasser angesiedelt hat und als endemisch angesehen werden kann. Ansonsten sind in der Ostsee nur Arten anzutreffen, die in der Nordsee vorkommen oder Süßwasserfische, die in den Mündungsgebieten der Flüsse einen geringen Salzgehalt tolerieren können. Dieses ist auf den Salzgehalt der Ostsee zurückzuführen. Durch ständige Schwankungen des Salzgehaltes bei der Entstehung der Ostsee sind zahlreiche Lebensformen immer wieder für sie mit lebensfeindlichen Bedingungen in Berührung gekommen.

Entstehung der Ostsee:
Die Ostsee entstand vor etwa 15.500 Jahren. Zuerst war der Baltische Eissee ein Süßwassersee, der etwa dreieinhalb tausend Jahre später, durch das Abschmelzen der Gletscher in Skandinavien und die damit verbundenen Landhebung, die durch die Gewichtsentlastung der schmelzenden Gletscher entstand, ergab sich ein Durchbruch zur Nordsee, der einen Salzwasserzufluss über Mittelschweden zur Folge hatte und somit wurde die Ostsee zu einem Brackwassermeer. (Ist die Verdunstung geringer als die Süßwasserzuflüsse, wird von Brackwasser gesprochen) Nur zweitausend Jahre später schloss sich der Durchgang durch die anhaltende Landerhebung und die Gletscherschmelze. Die reichlichen Süßwasserzuflüsse führten zu einer Aussüßung des Wassers. Nur fünfeinhalbtausend Jahre später bildete sich die bis heute noch vorhandene Form der Ostsee. Über das Kattegat strömte erneut Salzwasser ein, so dass das Ostseewasser wieder mit Salz angereichert wurde. Diese kurz aufeinander folgenden Salinitätswechsel ließen noch keine evolutionäre Anpassung der Arten zu, was erklärt, warum es keine endemischen Arten in der Ostsee gibt.

Die Ostsee heute:
Heute besteht der einzige Salzwasserzufluss über die Nordsee durch die Wasserstraße über Skagerrak und Kattegatt, wobei der Zustrom von Salzwasser durch viele Schwellen und Becken in der Beltsee beeinträchtigt wird. Das salzhaltigere und sauerstoffreichere Wasser aus der Nordsee ist schwerer als das Brackwasser der Ostsee und schiebt sich unter dieses. Erst wenn die ersten Becken und Schwellen vom Kattegat kommend gefüllt sind, dringt es weiter in die westliche Ostsee vor. Durch Zersetzungsprozesse am Meeresboden wird permanent an dem Sauerstoffgehalt gezerrt. Süßwasser gelangt in kleinen Mengen durch Regen in die Oberflächenbereiche der Ostsee oder verstärkt im Nordosten über Schweden und Finnland und an allen anderen Küsten durch Flüsse. Dieses erklärt das Salinitätsgefälle (Saltsgehaltsunterschiede) über die gesamte Ostsee von drei bis 30‰.

Durch die Salinitätsunterschiede können neben den marinen Arten auch limnische Arten in der Ostsee angetroffen werden, die aber ebenso wie die marinen Arten einem eingeschränkten Lebensraum ausgesetzt sind. Der Seestern (Asterias rubens) kommt aufgrund der geringen Salzgehalte ab Rügen im östlicheren Bereich der Ostsee nicht mehr vor. Eine ähnliche Verbreitungseinschränkung zeigen viele anderen Arten, die bei immer geringer werdenden Salzgehalten ihren Lebensraum nur in den westlichen Ostseegebieten wiederfinden. In den salzarmen Gebieten wagen sich limnische Arten in das Brackwasser vor, um dort z.B. auf Nahrungssuche zu gehen. Hierbei werden stenohaline und euryhaline Organismen unterschieden. Die stenohalinen Formen haben eine osmotische Toleranz, die sich in engen Grenzen bewegt und können sich daher nur geringen Salzgehaltschwankungen anpassen. Die euryhalinen Organismen hingegen weisen einen deutlich breiteren Toleranzbereich auf und verkraften größere Salzgehaltsschwankungen. Je nach Jahreszeit, Wind- oder Strömungsrichtung unterscheiden sich in einem einzigen kleinen Gebiet die Salinität so sehr, dass stenohaline Formen in dieses Gebiet nur an wenigen Wochen oder Tage im Jahr vordringen können.

Diese Komplexität und diese sehr großen Anforderungen an die Flora und Fauna machen diesen Lebensraum zu einem der extremsten der ganzen Welt. Welche Auswirkungen dieses für die Flora und Fauna hat und wie auch der Einfluss des Menschen auf diesen Lebensraum sich auswirkt, werde ich in weiteren Beiträgen aufzeigen.