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Sie sind eine beliebte Speise aus dem Meer aber noch viel wichtiger für dieses Ökosystem. Sie dienen vielen Tieren als Nahrung und reinigen das Wasser von Schwebstoffen und auch Giftstoffen – die Miesmuscheln.

Die schwarz-violette Schale, mit ihrer spitz zulaufenden Form, ist eine der häufigsten gefundenen Muschelschalen an den Ostseestränden. Bis zu zehn Zentimeter erreicht die Körpergröße und die Tiere sind vorwiegend in Brackwasserregionen anzutreffen, wo sie sich mit ihren Byssusfäden davor schützen, davon geschwemmt zu werden. Byssusfäden sind Eiweißfäden, mit denen sich die Miesmuschel sich gegenseitig und am Boden festkleben.

Miesmuschel gehören zu wenigen Muscheln weltweit, die ihr ganzes Leben diese Fäden herstellen und nicht wie andere nur in den Jungtierstadien. Die Konsistenz, die Widerstands- und Leistungsfähigkeit dieser Fäden ist so einzigartig, dass die Wissenschaft schon seit vielen Jahrzehnten versuchte die chemische Zusammensetzung zu erforschen, um selber die Byssusfäden synthetisch herstellen zu können. Kalifornischen Forschern gelang es schließlich vor wenigen Jahren die Zusammensetzung herauszufinden. Byssus haftet an Glas, Holz, Teflon, sowie an Zähnen und Knochen. Es ist darüber hinaus hart und dehnbar, zwei Komponenten, die sich sonst schwer kombinieren lassen. Die Eigenschaften machen diesen Stoff besonders für die Medizin interessant. Mit der Erforschung gelang ein großer Schritt, der nun weitere Forschungen ermöglicht, um für große Wunden einen natürlichen Kleber herstellen zu können. Ebenfalls bei Zahnimplantaten werden die gewonnenen Informationen eingesetzt, um widerstandsfähigere und langlebigere Implantate anbieten zu können.

Miesmuscheln sind aber mehr als nur ein Vorbild für Medizin und Technik – sie sind das Klärwerk der Meere. Dieses ist begründet in der Ernährung der Miesmuscheln. Miesmuscheln sind Filtrierer, das heißt sie strudeln partikelhaltiges Wasser durch ihre Einstromöffnung in ihre Mantelhöhle, dabei halten kleine Wimperhärchen einen kontinuierlichen Wasserdurchfluss aufrecht. In der Mantelhöhle bleiben alle Partikel in der Schleimschicht der Kiemen hängen und die darin enthaltenden Nahrungspartikel werden in den Magen weitergeleitet. Unverdauliche Stoffe werden ebenso wie das partikelfreie Wasser anschließend aus der Ausstromöffnung herausgepumpt. Eine etwa drei Zentimeter große Muschel filtert bis zu einem Liter Wasser pro Stunde. Auf die Summe der Individuen hochgerechnet sind sie damit maßgeblich für die Reinigung des Meerwassers verantwortlich, da sie neben ihrer Nahrung auch zahlreiche weitere Stoffe aus dem Meer aufnehmen.

Seit einigen Jahren befinden sich in der planktonsichen Nahrung ebenfalls Giftstoffe. Eine photoplanktonische einzellige Alge, das Dinoflagellat azadinium spinosum, welches ein starkes Nervengift in sich trägt, hat sich in den letzten Jahren sehr stark in den Weltmeeren verbreitet. Diese Alge hat schon mehrfach dafür gesorgt, dass große Muschelfischer über mehrere Monate ihre Zuchtplantagen schließen mussten.

Seit 1995 muss eine ganzjährige Überprüfung der Ernte erfolgen, um Schäden für die Konsumenten ausschließen zu können, denn es wurde diese Alge nicht nur wie sonst im Sommer, sondern auch im Winter nachgewiesen. Azaspiracid heisst das Nervengift, das wochenlang im Körper der Menschen wütet und schwere Schäden verursacht. Die Anzeichen einer Vergiftung sind Übelkeit und Erbrechen und gehen bis zu neurologischen Problemen, wie z.B. Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Anfällen und zum Koma. Etwa sieben von einhundert kontaminierten Menschen sterben sogar nach der Aufnahme

dieses Giftes. Ein Gegengift gibt es nicht. Es wurden weltweit Frühwarnsysteme eingerichtet, die ein erhöhtes Vorkommen und die damit verbundene Gefahr durch die Alge rechtzeitig aufzeigen sollen. Trotz allem ist diese Gefahr immer noch nicht allen Menschen bekannt. Durch die extrem große Filtrierleistung der Miesmuscheln kann auch eine geringe Anzahl dieser Algen schon für eine toxische Einlagerung im Muschelfleisch sorgen.

Aber bei allem bis jetzt erwähnten Besonderheiten der Miesmuscheln darf eines jedoch nicht unerwähnt bleiben. Ihre dunkle und einfarbige Schale lässt sie eher farblos erscheinen, die Miesmuschel, schaut man aber genau hin, erkennt man farbige Nuancen an den Ein- und Ausstromöffnungen, die Siphone. Dieser Teil der Tiere ist dabei farblich so individuell, dass sich diese Betrachtung im Lebensraum sehr lohnt.

 

„Miesmuscheln gehören nicht auf den Teller, sondern ins Meer, um zum Schutz dieses Ökosystems beizutragen!“

Steckbrief: Miesmuschel
Name: Miesmuschel
Wissenschaftlicher Name: Mytilus edulis
Größe: Bis 10 cm
Kennzeichen: Die Siphone der Miesmuscheln können unterschiedlich gefärbt sein. Die Außenfärbung der Schale ist hingegen immer gleichfarbig schwarzviolett.
Lebensraum: Mittelmeer, Atlantik, Nordsee und Ostsee
Verbreitung: In Flachwasserzonen zwischen 3 und 8 Metern
Nahrung: Organische Stoffe, wie kleinere Krebstiere, die sie als Plankton aus dem Wasser filtern
Besonderheiten: Die chemische Zusammensetzung der Byssusfäden von Miesmuscheln werden heutzutage für Zahnimplantate eingesetzt.
Innenleben einer Miesmuschel Jan Langmaack

Innenleben einer Miesmuschel

Siphon einer Miesmuschel Jan Langmaack

Siphon einer Miesmuschel

Miesmuscheln an einer Ankerkette Jan Langmaack

Miesmuscheln an einer Ankerkette