Das Aufprallen der Wellen an den Steinmolen der Häfen lässt im Dunkeln des Herbstes mit Glück ein kurzes, schwaches Aufblitzen eines bläulich-weißen Lichts erkennen. Dieses Licht ist auf einen Meeresbewohner zurückzuführen, der mit seinem filigranen Körper an die Steine geschleudert wird. Aber dieses Tier ist für viele immer noch als Schrecken der Meere in Erinnerung.
Vor sechs Jahren wurde ausgiebig in zahlreichen Medien über einen mittlerweile heimischen Bewohner der Ostsee berichtet. Der Bewohner legte eine lange Reise vom Schwarzen Meer bis in die Ostsee zurück, die er im Ballastwasser großer Containerschiffe als blinder Passagier unbemerkt absolvierte. Es ist die amerikanische Rippenqualle, die schon 1982 im Schwarzen Meer für großes Aufsehen sorgte. Sie war für den Zusammenbruch der Fischerei im Schwarzen Meer verantwortlich und richtete durch ihr plötzliches Auftauchen und ihre extrem rasante Vermehrung ein ökologisches Desaster an unvorstellbarer Größe an. Mit ihrem plötzlichen Auftauchen in der Ostsee war die Angst der Fischer und Biologen groß, dass sie auch hier einen derartigen Schaden anrichten könnte.
Diese Befürchtung wurde durch die Tatsache, dass diese Rippenquallenart keine natürlichen Feinde in der Ostsee besitzt und sehr tolerant gegen Salzgehaltschwankungen ist, verstärkt. Eine Verbreitung in der gesamten Ostsee und somit eine große Gefahr für die Fischerei und das Ökosystem wurde befürchtet denn zusätzlich ist diese Rippenqualle ein Zwitter, der sich selbst befruchten kann und somit schon in geringer Anzahl eine flächendeckende Verbreitung hervorgerufen kann. Genau diese Faktoren waren im Schwarzen Meer dafür verantwortlich, dass diese Art die komplette Fischerei der Anrainerstaaten in die Knie zwang. Sie besitzt ebenfalls ein enormes Regenerationsvermögen und kann sich bei Verletzungen oder abgerissenen Fragmente ihres Körpers, die bis zu einem Viertel ihres Körpers groß sein können, wieder vollständig regenerieren.
Seit dem Herbst 2006 wurde sie nun auch in der Flensburger Förde gesichtet. Eine kleine ovale Qualle, die bis zu zwölf Zentimeter groß wird, jedoch keine Nesselfäden besitzt. Acht Strahlen, die Rippen, laufen von der Körperoberseite zur Körperunterseite und bieten den größten Kontrast in ihrem eher durchsichtigen Körper. Harmlos und verletzlich sind passende Prädikate, um das Aussehen dieses Tieres zu beschreiben.
Nur wenige Monate später war ihr Vorkommen hier schon so hoch, dass sie fast die komplette Wassersäule bis fünf Meter Wassertiefe mit hunderttausenden Exemplaren eingenommen hatte. Diese Räuber, die sich von den Fischlarven und Jungfischen genauso ernähren wie von planktonischen Arten, die den juvenilen Fischen ebenfalls als Nahrung dienen, war nicht nur angekommen, sondern setze seinen Beutezug bei uns vor der Haustür fort.
Nur ein Jahr später setze der extrem kalte Winter der amerikanischen Rippenqualle so stark zu. Ab jetzt konnten wieder einheimische Rippenquallenarten, wie die Seestachelbeere, die Melonenqualle und die Glaslappenqualle ihren eigenen Bestand festigen und das Auftreten der amerikanischen Rippenqualle auf ein gesundes Maß einzuschränken. Heutzutage sind die amerikanischen Rippenquallen nur noch in den oberen Wasserschichten in kleiner Anzahl anzutreffen.
Eine Besonderheit der amerikanischen Rippenquallen darf aber nicht vernachlässigt werden. Sie gehört zu einem der faszinierendsten und schönsten Tiere unserer Unterwasserwelt; eine Discokugel unter Wasser.
Nur weniger Rippenquallen, der 100 weltweit vorkommenden unterschiedlichen Arten, vermögen es Biolumineszenz zu erzeugen und sich somit zum „Leuchten“ zu bringen. Berührungen, durch erhöhten Wasserdruck oder mechanischer Einwirkung, können das Leuchten sogar hervorrufen, neben der eigenen Steuerung der Qualle selber. Wer in der dunklen Jahreszeit zu später Stunde bei leichter Dünung an einer Steinmole vorbeikommt kann bei genauer Betrachtung und mit etwas Glück ein bläulich-grünliches Licht im Wasser erkennen. Bei einem Tauchgang entfaltet sich aber erst die Vollkommenheit und Einzigartigkeit des Lichtspiels unter Wasser. Auf den acht Rippen laufen die Farben, wie die farbenfrohen Werbeplakate am Time Square, auf und ab. Immer neue Farbkombinationen, die bei Anleuchten durch eine Tauchlampe deutlicher zu erkennen sind, kommen jetzt richtig zur Geltung.
Ein Lebewesen, dass so verletzlich aussieht, jedoch für eine der größten ökologischen Katastrophen weltweit gesorgt hat, raubt jedem Taucher beim Betrachten aufs Neue den Atem und zieht ihn in ihren Bann.
Furcht und Faszination liegen sehr oft eng zusammen, und dieses nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche der Flensburger Förde.
„Ein Tier, das so zerbrechlich und verletzlich, aber auch so bedrohlich ist, schafft es jeden Menschen zum Lächeln zu bringen beim bloßen Betrachten.“
Steckbrief: | |
Name: | Meerwalnuss |
Wissenschaftlicher Name: | Mnemiopsis leidyi |
Größe: | Bis 12 cm |
Kennzeichen: | Besitzet acht Rippen über den Körper laufend, besitzt keine Tentakel |
Lebensraum: | In fast allen Weltmeeren |
Verbreitung: | Treibt mit der Strömung vorwiegend im tieferen, kälteren und salzhaltigen Wasser |
Nahrung: | Jungfische und Zooplankton |
Besonderheiten: | Die Rippen können leuchten vor allem wenn sie berührt werden |